Into the wild – Zum Paddeln ins Land von ABBA und Apfelmuseisbecher

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von Mathias Döbbert 

Das Faltboot klemmt zwischen Beifahrersitz und Armaturenbrett. Die Campingausrüstung wie Schafsack, Matratze, Zelt, Feldbett usw. liegt davor und dahinter. Bootswagen, Gaskocher, Proviant für zwei Wochen und Packsäcke schlummern im Gepäckteil meines Reisemobils, einem VW-Transporter. Wenn Einer eine Reise wagt, sind viele Dinge sehr gefragt. Doch so viel man auch einpackt, irgendetwas fehlt immer. Was ich definitiv dabei habe, um mein Ziel zu erreichen, ist ein Kompass, ein Autoatlas von Skandinavien (zwanzig Jahre alt) und eine Adresse eines im Internet beworbenen Canoe-Centers in Schweden.  

Zunächst jedoch besuche ich eine Cousine in Eckernförde, Schleswig-Holstein. Dieser reizende Ostsee-Urlaubsort liegt zwischen Kiel und Flensburg. Von hier aus ist es nur ein Katzensprung bis zur dänischen Grenze. Einen ruhigen Morgen nutze ich für einen Spaziergang zum Hafen. Die Ostsee liegt friedlich im Sonnenschein und leckt glucksend an der Uferpromenade. Gebäude aus roten Backsteinziegeln verleihen dem Städtchen hanseatischen Flair. Gepflegte Villen reihen sich wie Perlen auf der Halskette entlang der Flaniermeile mit Blick auf Yachthafen und Eckernförder Bucht und manch Hausherr sparte nicht mit maritimen Dekorationen, den Vorgarten zu gestalten. Auf einer Bank zum Beispiel sitzt eine Meerjungfrau – angekettet. Ich wage zu bezweifeln, dass sich jemand ernsthaft für die junge Frau interessiert. Die Gute ist fast gesichtslos und obenrum viel zu üppig ausgestattet, vom Fischschwanz ganz zu schweigen. Vermutlich will der Besitzer verhindern, dass die Nixe ins Meer ausbüxt. Die Borbyer Aussichtsplattform erklommen, schweift mein Blick über den erwachenden Badeort.

Von der Verwandtschaft mit einem üppigen Frühstück verwöhnt, setze ich zur Grenzüberquerung an. Ich wappne mich mental für stundenlange Staus wegen Paß- und Impfkontrollen, doch eine dänische Grenzbeamtin winkt die Blechkarawane lässig durch, von verschärften Covid-Maßnahmen keine Spur.

Auf Autobahnen rollt der Verkehr zügig. In Nyborg gönne ich mir nach dem Mittag ein Bad im Großen Belt, der breitesten Verbindung zwischen Ost- und Nordsee. Ich hatte mich kurzzeitig verfahren und war am Strand gestrandet. Trotz Bombenwetters beträgt die Wassertemperatur wohl nicht mehr als 17 Grad.

Den Öresund, das Grenzgewässer zwischen Dänemark und Schweden, passiere ich durch einen Unterwassertunnel und anschließend über die gleichnamige Brücke. Danach gibt es die nächsten 200 Kilometer nur noch Autobahn zu kosten und die Aussichten vom Asphalt aus sind ein wenig monoton. Daher bevorzuge ich fortan die Landstraßen, denn so sieht man Meer und einfach mehr von Land und Leuten.

Mittags am dritten Tag erreiche ich Örebro. Und obwohl ich schon nach Schleswig-Holstein, dem Bundesland, welches sich mit dem Slogan „Echter Norden“ ziert, und Dänemark schon ziemlich weit Richtung Nordpol gekommen bin, zählt Örebro noch zum unteren Mittelschweden. Ich beabsichtige, meine Reise nach Norden fortsetzen, bis man sagen kann, nördlicher geht’s nicht. 

Ich komme nur langsam voran, seit ich die Autobahnen meide. Großzügige Pausen für Frühstück, Mittag und Kaffeetisch sind heilig. Die Landschaft ist wunderschön und man fühlt sich wie in einem Märchen von Hans-Christian Andersen. Rastplätze und Blitzer gibt es in Schweden wie Sand am Meer. Man ist gut beraten, auf die Geschwindigkeitsschilder zu achten. Die Stellplätze entlang der Autobahnen und selbst der Landstraßen sind nicht nur zahlreich, sondern auch idyllisch gewählt; oft an malerischen kleinen Seen gelegen. Sie haben ja auch genug davon.

Fortsetzung folgt, versprochen



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