Into the wild – Unter Campern in Nordmarken, Dalsland

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von Mathias Döbbert 

Nach einem abgebrochenen Versuch, das Nordkap zu erklimmen und 2300 Kilometern unter den Rädern bin ich am Abend des fünften Tages im Canoe-Camp am Foxen-See angekommen. 

Ich sichere ich mir einen schönen Stellplatz mit Aussicht auf den See, wenn auch nicht in der ersten Reihe. Ich habe nur noch Kraft für ein Abendbrot, aber noch genügend Energie für einen Spielfilm auf meinem PC. Der Campingplatz ist einfach, aber genial gelegen. Die Einsatzstelle für mein Kajak liegt gleich unterhalb meines Stellplatzes, keine 10 Meter entfernt. Der sagenhaft günstige Preis von 6 Euro pro Tag enthält Stellplatz freier Wahl, Benutzung von zwei Toiletten und Duschen, Warm und Kaltwasser zum Waschen und Abwasch, sowie frisches Trinkwasser unbegrenzt. Überall gibt es Sitzbänke und feste Feuerstellen. Die Dauercamper sind vor allem Schweden und Norweger. Die übrigen Camper mit Reisemobilen und Zelten sind vornehmlich Deutsche - deutsche Nachbarn aus Flensburg gegenüber, Hamburger links und Anhalter (Harz und Quedlinburg) rechts. Da ergibt sich das eine oder andere Gespräch automatisch. Der Platzwart ist so freundlich, wie es seine vorangegangene Mailkorrespondenz vermuten ließ.

 

Das Wetter ist sensationell. Es regnet nicht, es tobt kein Sturm und Klärchen leistet ihren Beitrag zu meiner Stromversorgung.

Angesteckt vom allgemeinen Trend, nehme ich mein Frühstück heute mal nicht im Bus, sondern davor ein. So erhält mein selbst gefertigter Hocker eine weitere Funktion als provisorischer Campingtisch. Um zehn Uhr entrichte ich meinen Obolus für die Umwelt in Form der Natur Conservation Card und beginne sofort danach mit dem Aufbau des Faltkajaks. In rekordverdächtigen 20 Minuten ist das erledigt. Länger schon dauert die Auswahl des Gepäcks. Ich entscheide mich für eine halbtägige Erkundungstour und specke beim Zubehör ordentlich ab. Zelt, Liege, Matratze, Schlafsack bleiben im Bus. Fotoapparat, minimale Verpflegung und Spritzdeck plus Schwimmweste müssen mit. Sicher ist sicher.

 

Die Küste ist felsig, aber ab und zu finden sich kleine, sandige Uferstellen, die gern als Pausengrund genutzt werden. Dicke Teppiche aus Moos und Flechten bedecken das schroffe Gestein. Gleich dahinter ist das Unterholz von Blaubeersträuchern durchzogen. Teichrosen schmücken stille Buchten. Blütendolden scheinen direkt aus dem Wasser aufzuwachsen. Kormorane sind ein nur allzu vertrauter Anblick. Auch Herr Biber ist hier heimisch, was unschwer an seinen Burgen zu erkennen ist.

 

Die Sonne hat mir ordentlich eingeheizt und schon nach wenigen Kilometern ist mein T-Shirt durchgeschwitzt. Ein Bad in glasklarem Wasser schafft Abkühlung. Spitzdeck und Schwimmweste wandern unter Deck und eine dicke Schicht Sonnencreme wird aufgetragen. Im Schleichtempo folgte ich der Küste, jede Einbuchtung und jeden Nebenarm ausfahrend. Kanadagänse im Familienverband halten scheu Abstand. Der See ist derart zerklüftet, dass ich schon fürchte, die Orientierung zu verlieren. Eine Spur aus Brotkrumen zum Camp zurück könnte ich schwerlich auslegen. Also vertraue ich auf das GPS der Samsung-Health-App und legte so eine digitale Fährte. Nach zehn Kilometern Uferhangeln umrunde ich noch zwei Felseninseln und steuerte hinaus auf die Seemitte. Eine weithin sichtbare Hochspanungsleitung weist mir die Richtung zurück. Bereits nach 4 Kilometern Luftlinie bzw. Fahrrinne erreiche ich mein Basislager.

 

Jetzt kämpfen zwei Seelen in meiner Brust. Der Abenteurer in mir drängt auf einen mehrtätigen Kurs, um so weit wie möglich in unerforschte Gewässer vorzudringen. Der Urlauber hingegen gäbe sich gern mit täglichen Ausfahrten vom und zum Camp zufrieden und möchte den Luxus eines warmen Busses und einer weichen Matratze nicht eintauschen gegen ein kühles Zelt mit Feldbett und Schlafsack; lecker zubereitetes Abendbrot statt einfache Tütensuppe, Kinofilm am Abend statt Taschenbuch im Schein der Stirnlampe. Ich glaube, der Urlauber gewinnt. Das Paddeln kommt nicht zu kurz und nicht in Konflikt mit den Annehmlichkeiten des Urlaubs. Morgen kann ich zeitiger aufbrechen, weil das Boot schon startbereit neben dem Bus ankert. Wenn das mal kein Plan ist!

Fortsetzung folgt, morgen geht's weiter



Kommentare: 1
  • #1

    Renate Döbbert (Donnerstag, 19 August 2021 10:41)

    Was für eine herrliche Landschaft - so etwas möchte man sich auch wünschen. Ein wundervoller Urlaub!!