Saale-Schleusen-T(r)ip

Gefällt👍8

von Mathias Döbbert

Wir sind dann mal weg, sagten sich Heinz Günther (Rudi) Rudorff und Mathias Döbbert und begaben sich auf eine 3-tägige Saalereise, die uns physisch einiges abverlangen sollte doch mit reichlich „Natur pur“ entschädigte.

Am Sonnabend, den 3. Juni wurden in aller Frühe die Schnubbse, unser neuer Wanderzweier, sowie Gepäck aus dem Stall (Boothalle) geholt und die Pferde gesattelt. Als alles gut verstaut war, ging die Fahrt nach Bad Dürrenberg zum ortsansässigen Kanuclub. Die Hausherren lagen an diesem Morgen wohl noch in den Federn, denn außer uns und weiteren Gastkanuten war niemand zu entdecken. Ohne langes Federlesen brachten wir das Boot zu Wasser und das Abenteuer begann.

 

Gleich unterhalb des Bootshauses wartete schon das erste Hindernis, die Schleuse Bad Dürrenberg. Anrufe beim Schleusenmeister brachten kein Ergebnis und so war kurz nach dem Einstieg schon ein erster Ausstieg erforderlich. Glücklicherweise fanden wir den Schleusenwart hinterm Haus den Vorgarten verschönernd. Noch während der ersten Schleusung setzte Regen ein und die Regenjacken wurden eilig aus den Packsäcken hervorgeholt. Dieser hielt zwar nicht lange an, gab uns jedoch einen Vorgeschmack auf das, was kommen sollte. An diesem Tag jedoch ließ sich Klärchen öfter sehen und wir genossen die Fahrt dem windungsreichen Flussverlauf folgend vorbei an Wäldern und Auen, zu stoppen nur durch die Schleusen Rischmühle, Merseburg-Meuschau und Planena. Unsere ständigen Begleiter waren nicht etwa Kanuten, wie wir, sondern Stockenten, Gänse, Graureiher und Schwalben, aber auch ein Eisvogel. Als wir nach knapp 30 km am Ruderhaus Böllberg, unserem heutigen Quartier, ankamen, setzte der Regen wieder ein. Nach einigem Suchen fanden wir eine Futterstelle bei McDöner und ließen es uns richtig schmecken.

 

Ein ausgiebiges Frühstück mit Rührei und allem Drum und Dran sowie reichlich Kaffee war dazu geeignet, an diesem frühen Pfingstmorgen die Stimmung zu beleben, denn über der Saale hatte sich eine undurchdringliche graue Wolkenschicht festgesetzt und es regnete unaufhörlich. Zunächst jedoch hatten wir eine andere Widrigkeit zu überwinden. Die Schleuse Halle-Böllberg sollte erst um 9:30 Uhr öffnen und anderthalb Stunden zu warten, kam uns nicht in den Sinn. Kurzerhand bugsierten wir unser Schiff, vollbeladen, über die Böschung und schossen unterhalb des Wehrs die ausgewiesene Wildwasserstrecke entlang, bis wir die träge dahin fließende Hauptsaale wieder erreicht hatten. Nun folgten die Selbstbedienungsschleusen Halle und Gimritz sowie Trotha. Wir setzten unsere Reise beharrlich fort, Wasser von unten, von oben, links und rechts. Spritzdecken bewahrten uns vor dem Schlimmsten, konnten aber auf Dauer Pfützen in Rudi's Sitzschale nicht verhindern. Da Motorbootsportler und Schönwetter-Ausflügler bei diesem Wetter nicht auszumachen waren, zeigten sich uns einige scheue Uferbewohner: ein Reh auf dem Weg zur Tränke, ein Waschbär streckte interessiert den Kopf aus dem Gras, ein Schwaanenpaar verteidigte mit drohendem Zischen seine grauflauschigen Nachkommen und eine Bisamratte suchte eilig Schutz in der Böschung. Auch Kormorane und Möven waren zu beobachten. Stille allenthalben und nur unsere Paddel tauchten gleichmäßig in die Fluten. Der Antrieb lief kraftvoll und synchron wie ein gut geschmierter Zweitakter. Das Knarren der selbstgebauten Sitzlehne des Schlagmannes bestimmte gleich einem Metronom den Paddel-Rhythmus, bei dem man mit muss. Gegen Mittag erreichten wir die Fähre Wettin und der Himmel klarte auf. Erste Sonnenstrahlen auf dem Buckel taten dem Körper und der Seele gut. Ein improvisiertes zwei-Sterne-Menü am Motorbootsteg war eine willkommene Pause, bevor wir uns frisch gestärkt wieder der Natur, dem Paddeln und dem auffrischenden Gegenwind widmen konnten. Drei weitere Schleusen nehmend erreichten wir abgekämpft doch voller Eindrücke nach 58 Tageskilometern den Steg und das Gästehaus der Bernburger Wasserwanderer. Freundlich empfangen bezogen wir Quartier, vermieden es aber, die Doppelstockbetten in der zweiten Etage zu belegen. Am Kai der Motosportler gab es auch gleich eine Gaststätte, wo wir verlustige Kalorien wieder ersetzen wollten. Die kulinarische Einrichtung erwies sich als wahre Kuriosität. Das Personal war durchweg indisch, die Speisekarte durchweg italienisch, die Preise durchweg gepfeffert, der Kellner schlampig gekleidet, unverschämt und obendrein des Rechnens nur mäßig kundig. So idyllisch das Restaurant auch am Ufer der Saale gelegen, zu empfehlen ist es nicht. Trotz allem hatten uns zwei Kinderportionen satt gemacht und der Bedienung konnten auch noch ein Kaffee und ein Tee abgerungen werden. Ein Abendspaziergang zur Bernburger Schleuse entlang der beleuchteten Schlossanlage erbrachte zwar keinen Hinweis auf deren Öffnungszeiten, doch eine hilfsbereite Anwohnerin versicherte uns, dass eine zeitige Talschleusung möglich sei.

 

Der nächste Morgen bescherte uns Sonne satt. Die Bernburger Schleuse war nach 30 Minuten bereits Geschichte und so arbeiteten wir uns die friedvolle Ruhe genießend von Bernburg über Nienburg durch bekanntes Gelände nach Calbe vor. Erleichtert stellten wir fest, dass die Schleuse wieder in Betrieb ist und wir auf ein erneutes Umtragen verzichten konnten. Mit dieser letzten Hürde hatten wir auf unserer Fahrt dreizehn (13) Schleusen absolviert und beanspruchen daher den Titel „Schleusenbezwinger des Monats“. Auf den letzten Kilometern nimmt die Saale streckenweise noch einmal richtig Fahrt auf und erreicht bei Trabitz sogar Fließgeschwindigkeiten von 3-4 Kilometer pro Stunde, während sie im oberen Verlauf eher als stehendes Gewässer wahrgenommen wurde. Ein letztes Nachtanken von festem und flüssigem Treibstoff an der Fähre von Groß Rosenburg rüstete uns für den finalen Abschnitt. Zum Abschluß bekamen wir noch einen eher seltenen Bewohner im Saalerevier zu Gesicht. Zwischen den Ufersteinen sprang eine aufgeregte Minkmutter hin und her, ihr laut fiependes Junges in Sicherheit bringend. (Mink: auch "Amerikanischer Nerz" genannt aus der Familie der Marder.)

Nach 123 Saalekilometern erreichten wir schließlich die Elbe. Unser Endziel war jedoch Breitenhagen und so klotzten wir noch einmal ran und kämpften uns gegen die Strömung den buhnenlosen letzten Kilometer bis zur Fähre gen Heimat. Man wollte sich ja keine Blöße geben. Hier erwarteten uns bereits Elvina und Sohn mit dem Fahrzeug, welches uns nach Aken brachte. An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei ihr für die Transporte von Boot und Besatzung bedanken.

Die Fahrt hat trotz aller anfänglichen Versuche von höchster Stelle, uns die Reise mit Wetterkapriolen zu vermiesen, tierisch Spaß gemacht, den Kampfgeist gefordert und Erlebnisse beschert, die wir nun mit Gleichgesinnten teilen können.

*Fotos by Mathias Döbbert und Elvina Rudorff*




Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Henk Groth aus Göttingen (Samstag, 17 Juni 2017 20:22)

    Cool :-) !