Sommerfahrt Decin-Aken: Ansichten aus des Kaisers Beiboot - 8

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von Mathias Döbbert

Tag 8: Coswig-Aken

In der Früh herrscht erst einmal Geburtstagswetter. Es regnet Gratulationen und heiter, sonnige Wünsche. Ein Männerchor singt im Morgengrauen eine altbekannte Weise.

Am Himmel hingegen ist im Osten nur kurz die Sonne zu sehen. Von Westen arbeitet sich eine blaugraue Wolkenfront vor. Von unserem ärgsten Widersacher, dem Nordwestwind, ist glücklicherweise noch nichts zu spüren. Als die ersten Regentropfen an die Scheiben des Frühstücksraumes klopfen, wird klar: Ohne Regenausrüstung läuft heute nichts. Die Froschmänner der „Stadt Aken“ stürzen sich in die Fluten und den mittlerweile starken Schauer und verschwinden hinter der nächsten Biegung. Uwe in seiner „Koralle“ wartet bereits stoisch auf seinen Begleiter „Nero“. Ich greife zu Regenjacke und Pelerine und fingere das Spritzdeck aus der Luke des Vorschiffs. Regenwasser füllt unaufhörlich das Kajak und ich versuche angestrengt, die Anwendung des Spritzdecks zu ergründen. Ich erinnere mich vage an die Erläuterungen von Stewardessen, dass man im Ernstfall die Schwimmhilfen über den Kopf stülpen und die Gurte um die Taille legen soll. Ich ziehe mir also das Teil über den Kopf und such nach den Gurten. Alles was ich finde, ist eine Art Hosenträger - keine Spur von irgendwelchen roten Griffen, an denen ich ziehen müsste. Auch die roten Röhrchen zum Aufblasen fehlen eindeutig. Mit den „Hosenträgern“ allerdings weiß ich etwas anzufangen. Als Kind hatte ich mal welche. Ich straffe also die Bänder, steige ins Boot und allmählich erschließt sich mir die Technik des Regenwasserverhinderers. Ich ziehe die Ränder über den Süllrand und siehe da, ich sitze (fast) im Trockenen. Alles Weitere ist Routine: Kapuze aufsetzen, Handschuhe anziehen und los. Uwe begrüßt mich erleichtert. Die Tropfen fallen fast senkrecht und schlagen lustige Blasen auf der Wasseroberfläche, die von der Bugwelle geteilt werden. Durch den Vorhang herab fallenden Wassers halten wir Ausschau nach unseren Renn(canadier)-Rentnern, können aber nichts ausmachen. Gemeinsam erreichen wir die Autobahnbrücke bei Vockerode. Dauerregen hindert uns nicht, treibend auf dem Fluss ein Kaffee-/Tee-Päuschen einzulegen. Der einsame Ausflugsdampfer „Sunriver“ kommt uns entgegen. Er muss sich wohl verfahren haben, ein „Sonniger Fluss“ ist die Elbe zur Zeit nicht. Trotzdem winken die Passagiere fröhlich. Am Steg der Rosslauer Kanuten nehmen wir ein zweites Frühstück ein. Regentropfen verdünnen meinen Tee. Die Wolken freilich lichten sich zusehends und hinter der Muldemündung endet das feuchte „Vergnügen“. Der Steg der Junkers’ Paddelfreunde lädt ein, die nassen Klamotten zu wechseln und sich die Füße zu vertreten. Auf unserem Weg nach Aken wird uns die Wasserstraße bereitet. Die netten Herren vom Wasserstraßenamt loteten für uns die Wassertiefe aus. Anschließend harkten sie sogar die Wasseroberfläche. Die Sonne hat inzwischen endgültig gesiegt. Unter ihren wärmenden Strahlen laufen wir glücklich in den Heimathafen ein. Starke Hände unserer Kameraden fassen zu und helfen bei der Landung. Bei einem Bierchen und einem Schluck Sekt auf das gelungene Ereignis endet die 10. Sommertour auf der Sitzecke, wo vor acht Tagen alles begann.

*Fotos by Mathias Döbbert*




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Kommentare: 1
  • #1

    Renate Döbbert (Sonntag, 23 Juli 2017 13:16)

    Die Reisebeschreibung der 8-tägigen Wasserwanderung hat mir sehr gut gefallen, humorvoll erzählt und anschaulich mit vielen Bildern belegt. Besonders die Regionen im Elbsandstein-Gebirge weckten Erinnerungen an meine erste Urlaubsreise 1956 zusammen mit meiner Mutter. Danke, dass ich auf diesem Wege teilnehmen konnte!