Sonne Satt Sommertour Tag 3

von Mathias Döbbert

Tag 3: Genthin-Campingplatz Eden

Ein Panorama-Frühstück mit Kaffee und Marmeladenbrötchen, genossen auf der Dachterrasse des Genthiner Bootshauses mit Blick auf die Havel, stimmen der Tag wundervoll ein. Zur besten Tageszeit, um 8:00 Uhr, habe ich MAJA bereits beladen und kann „in See“ stechen.

Das Dröhnen des angrenzenden Industrieparks ist bereits zu dieser frühen Stunde in vollem Gange. Da wird gebohrt und gehämmert, gefräst und geschliffen, gesägt und gemeißelt, gefeilt und geschnitten was das Zeug hält. Die Kühltürme brummen, Pumpen quälen sich, Stromaggregate sorgen für Power und reichlich Dezibel. Ich flüchte auf den Kanal und lasse so schnell ich kann all die Lärmquellen hinter mich.
Die Sonne strahlt mit voller Kraft. Also ist volle Schutzkleidung angesagt. Das ist zwar überlebensnotwendig für Hellhäuter und Bleichgesichter wie mich, doch auch unbequem und warm. Ich versuche mich im Schattenhaschen. Nah am Kanalufer fahrend nutze ich jeden winzigen Schattenfleck, den Baumgiganten und ausufernde Kronen zu spenden vermögen. Nach zirka einer Stunde hilft auch das nichts mehr. Der Elbe-Havelkanal verläuft gradlinig in Ost-West-Richtung und damit gibt es kein Entrinnen. 


Einen Kanal zu paddeln ist mühselig. Nicht wegen der Kilometer. Die sind auf Flüssen auch nicht kürzer. Aber so ein gerader Kanal ist deprimierend. Man paddelt und paddelt und das Ende scheint nicht näher zu kommen. Bei Flussläufen sind die sichtbaren Abschnitte kürzer und reichen von Biegung zu Biegung. Dann kommt eine neue Kurve und man erkennt: Man hat etwas geschafft. Nicht so auf diesen endlosen Kanalfluchten. Sechzehn lange Kilometer Eintönigkeit.
Schuber und Motorboote kommen schubweise entgegen, so wie sie aus der Schleuse entlassen wurden. Auf dieser engen Wasserstraße sind die erzeugten Wellen beeindruckend. Die Krone setzt dem Ganzen dann Elbe-Princess auf – ein irre langer Ausflugsdampfer mit heckseiteigen Schaufelräder. Die Heckwellen sind gigantisch und ich surfe von Wellenkamm zu Wellenkamm. Unser C9 „Stadt Aken“ wäre an dieser Stelle garantiert versenkt worden.


Gegen Mittag kommt endlich die erlösende Schleuse in Sicht - das Signal auf Rot. Wer hätte etwas anderes erwartet? Der Haltesteg für Sportboote liegt geschätzt 1 Kilometer vor der Schleusenkammer. Wechselsprechanlage? Fehlanzeige. Überwachungs-Kameras für den Schleusenmeister? Nicht zu sehen. Ich bezweifle, dass er mein winziges Gefährt überhaupt entdecken kann und fahre vor zur Schleuse. Keine Reaktion. Inzwischen hat sich außer mir noch ein kleines Motorboot ganz hinten eingefunden und ich fahre zurück. Vielleicht haben sie eine Idee, wie es weitergehen soll. Die Motorbootfahrer, ich weigere mich das Wort „Sportler“ einzufügen, erklären mir, dass die Anlagen zur Kommunikation defekt sind und man sich per Mobilfunk bemerkbar machen muss. Dann endlich das Signal zur Einfahrt. Ein Berufsschiffer, auf den gewartet worden war, fährt vor, danach die Sportboote mit abnehmender Größe und PS-Zahl. Ich schätze meine Leistung auf 0,2 (oder habe ich eine Null vergessen?) und stehe ganz hinten.

Nach der Enge des Kanals ist der Wendsee ein Befreiungsschlag und fast ohne Wind kein ernstes Hindernis. Ich überquere ihn diagonal und erreiche den Plauer See, Spielwiese und Ziel meiner Sportfreunde zu Pfingsten. In der Gaststätte des Ferienresorts kann ich rasten und Kalorien tanken. MAJA kriegt nichts als ein Sonnenbad am Strand.
Ich spute mich, die Fahrt fortzusetzen, denn die Brandenburger Stadtschleuse ist noch fern und arbeitet nur bis 20:00 Uhr. Vier Stunden sollten ausreichen. Der Plauer See ist doch ziemlich groß und all die Inseln sehen in natura ganz anders aus als auf der Karte und so habe ich mich schnell verfranst und lande auf dem Breitlingsee, den ich nun queren muss statt an seinen Ufern entlang den Eingang zur Havel zu finden. Bei Windstille ist es auch kein Problem, bei Westwind ein fataler Fehler.


Auf der Havel kommen mir scharenweise Leistungspaddler aus Brandenburg entgegen. Im Alter von 6 bis 25 Jahren absolvieren sie offenbar ihr Nachmittagstraining. Es ist spät geworden, als ich an der Schleuse ankomme und die Geschwindigkeit meiner Fortbewegung ist rapide gesunken. Zum Glück läßt die Kraft der Sonne ebenfalls nach und ich kann mich der Schutzkleidung entledigen. Die Kühle des Abends weckt neue Lebensgeister und ich beschließe, mein geplantes Etappenziel, den Campingplatz Eden, nicht aufzugeben. Die Sonne ist bereits untergegangen, als ich im Yachthafen einlaufe. Der Campwart, bereits im Feierabend, weist mir den Zeltplatz zu und ich baue in der Dämmerung meine Behausung auf Zeit auf. Essen kann ich nur drinnen, geschützt vor den ebenfalls hungrigen Mücken. Vielleicht sollte ich meinen Fahrplan mal überdenken.



Kommentare: 1
  • #1

    Roger (Donnerstag, 26 Juli 2018 18:15)

    Die Strecke ist mir wohl bekannt. Viel Spaß noch. Hoffentlich leidest du nicht zu sehr unter der Hitze.