Sonne Satt Sommertour Tag 5

von Mathias Döbbert

Tag 5: Campingplatz Zeestow (Briselang) – Marina Havelbaude (Hohen Neuendorf)

Um es kurz zu machen: Der Campingplatz ist für Kanuten ungeeignet, obwohl im Wasserwanderatlas ausgewiesen. Der Hinweis zum Umtragen ist irreführend. Die Ausstiegsstelle am Wehr verlangt alpine Kletterfähigkeiten. Für einen Solopaddler ist das Ausheben des Bootes und die Landung schier unmöglich. Selbst wenn man diesen Akt vollbracht hätte, auf der Seite des Paretz-Nauener Kanals gibt es auch keinen Steg des Camps.

Die Sanitäranlagen jedoch sind sauber und ein Fleckchen zum Zelten findet sich augenscheinlich auch. Ansonsten reihen sich Dauercamperreviere aneinander, umgeben von Getier aus Porzellan. Die Wege besitzen sogar Namen und es schaut aus wie eine gut geführte Laubenpieper-Kolonie oder ein amerikanischer Wohntrailerpark. Das Camp wird nur durch den Havelkanal von der vorbeiführenden A10 getrennt. Die Dauerbeschallung ist konstant penetrant. Campen an der Autobahn! Vermutlich filtert das Gehirn nach ein paar Tagen das ständige Brummen und Rauschen aus der Wahrnehmung.

An diesem Morgen löse ich das Versorgungsproblem. Eine Wanderung über die Kanalbrücke und danach über die Autobahnbrücke bringt mich direkt zu Penny in Briselang. Zurück am Zelt wird das obligatorische Frühstück abgehalten und eine grundlegende Korrektur meiner Tour festgelegt. Die letzten Tage gerieten eindeutig zu sportlich und ich schalte einen Gang runter. Ich verbrate den eingeplanten Reservetag und kürze gedanklich die weiteren Tagesetappen. Schließlich geht es bei dieser Fahrt um Erholung. Dann verstaue ich in halsbrecherischer Weise am Anglersteg meine sieben Sachen im Canadier, ab und zu das Boot vorm Versenken rettend durch Wellen vorbeifahrender Schiffe. Genug des Jammerns. Ich sitze an meinem gewohnten Platz, die Sonne steht schon hoch am Firmament und es sind 20 Kilometer Kanalfahrt angesetzt.

Der Havelkanal ist schon ziemlich alt. Er wurde 1951/1952, also vor über 60 Jahren, zur Umgehung West-Berlins angelegt. Der schattenspendende Baumbestand ist beeindruckend. Ich gleite hindurch unter Erlen, Ahorn, Akazien, Linden, Pappeln und Weiden und weide mich am Liebesspiel der Libellen. Hunderte von Männchen haben ihre Partnerin fest im Griff. Manche nutzen sogar die Gelegenheit, mit mir ein paar Meter mitzureisen. Mitfahrgesellschaft. Die Schleuse Schönwalde schleust mich durch ohne Wartezeit, denn ich erreiche sie, als von Rot auf Grün umgeschaltet wird. Jetzt noch einmal zehn lange gerade Kilometer und die Havel hat mich wieder.
Vorbei an den sich elend hinziehenden Industrieanlagen von Henningsdorf fahre ich geradewegs nach Norden. Der Wind frischt auf. Ich halte mich so gut es geht im Schutz der Spundwände. Da kommt auch die Sonne nicht hin. Ich liebe Schatten und Windschatten, also Windschattenschatten. 


Plötzlich entdecke ich eine Gruppe Stand-Up-Paddler (neudeutsch für Stehpaddler), aber irgendetwas an ihnen ist ungewöhnlich. Ich komme näher und ich erkenne den Grund: Da sind Hunde mit Schwimmwesten auf den Brettern. Werden hier etwa Hunde zu Seehunden ausgebildet? Ich frage den Ausbilder. Er erklärt, dass es bei diesem Training um das Vertrauen von Hund zu Herrchen geht und vermutlich auch umgekehrt. Manchen Tierbeinern sieht man es auch an. Noch haben sie Schiß. Trotzdem, eine coole Idee und Baden kann man außerdem, denn nicht jeder hält sich auf dem wackligen Ding.


Der letzte Kilometer vor dem Veltener Stichkanal fordert wieder meine seglertechnischen Fähigkeiten. Starker Wind von vorn wie im Windkanal reißt das Kanu mal nach links, mal nach rechts. Ich beginne zu  kreuzen wie auf der Elbe und komme schnell vorwärts. Rechter Hand erscheint Hohen Neundorf und ich halte Ausschau nach der Einfahrt zur Marina. Die ist schwer zu verfehlen. Sie ist mit Hochseejachten zugestopft. Ich schlängele mich zwischen den geparkten Riesendampfern durch zur Bootsschräge. Kanustege sind auch hier nicht vorgesehen -typisch Brandenburg. Der Hafenmeister ist nichterreichbar, doch ich darf mein Zelt auf einer hinteren Wiese aufstellen. Vorhergenehmige ich mir aber noch ein Abendbrot im Nobelrestaurant Havelbaude zu Preisen, der üblichen Klientel angepasst. Als einziger Zelter bin ich unter den feinen Pinkeln schon wieder eine Kuriosität und auch die winzige Nussschale „Maja“ erregt Aufmerksamkeit. Ob die Bespannung aus Büffelhaut sei, möchte einer der Anwesenden wissen. Ich bedaure. Büffel stehen bereits unter Naturschutz.



Kommentare: 1
  • #1

    Harry Schwenzel (Dienstag, 31 Juli 2018 15:04)

    Interessant und sehr unterhaltsam! Freue mich auf die nächsten Beiträge !